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Mein ganz alltäglicher / nicht-alltäglicher Alltag

Meine Lieben,

einige von euch fragen sich sicher, wie ich auf solch einen merkwürdigen Titel komme.

Nun ja, mir ist in den letzen Wochen immer mehr bewusst geworden, wie aussergewöhnlich unser Alltag an Bord doch ist. Es ist erstaunlich, wie schnell man sich an aussergewöhnliche Dinge gewöhnt! Selbst der Luxus des Fliegens gehört heutzutage zum Alltag. Dazu sich hat Louis C.K. in 2015 sehr passend in einem Interview in der Late night Conan O’Brien Show zum Thema  geäussert: “Oh really, what happened next? Did you fly through the air incredibly, like a bird? Did you partake in the miracle of human flight you non-contributing zero?! You’re flying! It’s amazing! Everybody on every plane should just constantly be going: “Oh my God! Wow!” You’re flying! You’re sitting in a chair, in the sky!”  Louis C.K. Airplane WiFi

 

Wenn ich so über alles nachdenke, was in den letzen zwei Wochen passiert ist, muss ich ehrlich sagen, dass es doch recht spannend ist, auf diesem überdimensionierten Hausboot / schwimmenden Krankenhaus zu leben. Und das von den ganzen wundervollen, ergreifenden Geschichten, die im Krankenhaus täglich aufs neue geschrieben werden, einmal ganz abgesehen. Und damit ich nicht denke: “Ach, das ist doch alles ganz alltäglich und normal”, schreibe ich heute einfach mal ein paar der besonderen Sachen, die so passiert sind.

 

Zum Beispiel durfte ich letzter Woche dem deutschen Botschafter und seiner Frau die Hand schütteln, als wir ein Treffen für die deutsche Crew mit ihm und seinen Mitarbeitern in Midships hatten. Dafür wurde extra ein Kaffee / Keks / Erfrischungsbuffet aufgebaut, alle durften sich rausputzen und wir hatten Gelegenheit, uns über verschiedenste Erfahrungen auszutauschen.

Besuch des Deutschen Botschafters Matthias Veltin (Mitte vorne, mit Ehefrau Regina Veltin).

 

Ausserdem war Doris vom deutschen Mercy Ships Büro zu Besuch bei uns (auf dem Foto in der zweiten Reihe rechts mit weisser Bluse) und ich durfte sie endlich persönlich kennenlernen! Zuerst einmal in dem Hotel, in dem sie und ein deutsches Fernsehteam untergebracht waren und dann am Abend noch bei einem “Deutschentreffen” an Bord, wo Doris ganz viele Lebkuchen, Dominosteine und andere Adventleckerlis mitgebracht hatte.

Hatte ich schon ‘Fernsehteam’ erwähnt? Ja, das ist tatsächlich auch mehr oder weniger alltäglich, dass Medienteams aus den verschiedensten Ländern zu Gast sind, um mehr über die Arbeit von Mercy Ships zu erfahren. Teil davon war auch, dass ich ein Interview für eine deutsche Zeitung geben durfte – dazu allerdings zu einem späteren Zeitpunkt mehr!

 

Der ‘ganz normale Alltag’ auf dem Schiff unterscheidet sich schon ziemlich von meinem ‘ganz normalen Alltag’ daheim. Hier ist es zum Beispiel überhaupt nicht ungewöhnlich, seine Mahlzeiten gemeinsam mit 300-620 anderen Leuten einzunehmen (je nachdem, wie voll es gerade ist). Wenn es dann einen Geburtstag gibt, wird per Tradition die Glocke im Speisesaal geläutet und gemeinsam lauthals “Happy Birthday” für das Geburtstagskind gesungen!
Glücklicherweise ging es an meinem Geburtstag am letzten Sonntag deutlich ruhiger zu, wir sind nachmittags zum HOPE (Hospital Outpatients Extension) Center spaziert und haben dort an einem Gottesdienst teilgenommen. Die Stadt war herrlich ruhig (in der Woche kann man sich auf dieser Strasse vor LKW, Autos und Motorrädern nicht retten) und wir haben den Spaziergang sehr genossen.

 

Abends hatten wir noch ein Meeting mit allen Niederländern – diese treffen sich jeden Sonntag Abend nach dem Gottesdienst in der Kabine einer der niederländischen Familien und haben mich quasi adoptiert als Ehefrau eines Friesen.
Da es der Abschied sein sollte von einem unserer Mitarbeiter (der mir dann aber gestern sagte, dass er doch zurück kommen wird – jippieh!), gab es hausgemachten Kuchen. Janetta, die “Hausmama” der Dutchie-night, hatte einen echten gedeckten niederländischen Apfelkuchen gemacht, der war sehr lecker! Ich habe noch einen Schokoladenkuchen beigesteuert, und schon war die Schlemmerei in vollem Gange.

 

Jon Heinrich, unser Nachbar und Ehemann von Ann, mein Thanksgiving held!

A propos Schlemmerei, letzten Donnerstag war in den USA Thanksgiving (Erntedankfest) – dieses Fest feiern die Amerikaner immer mit Truthahnbraten (mitsamt Füllung), Kartoffelbrei, allerlei Gemüse und traditioneller Preiselbeersosse. Obwohl wir normalerweise keine bestimmten nationalen Feiertage auf dem Schiff feiern, da wir ja eine internationale Organisation sind, gab es zur Feier des Tages  – Truthahn! Mitsamt Kartoffelbrei und Preiselbeersosse, soooo lecker! Da hilft dann auch schon mal das eine oder andere Crewmitglied mit, unser Nachbar Jon war auch tatkräftig dabei und hat für die “Truthahnfüllung” (die nie wirklich das innere eines Truthahns zu sehen bekommt, aber trotzdem serviert wird und ganz lecker ist), unter anderem über 100 Baguettes klein geschnitten. Und dann hat er auch noch für die Crew traditionelle Buttermilch – und Kürbistorten gemacht. Lecker!
Es gibt an jeder Ecke solche Alltagshelden an Bord zu finden, aber Jon war definitiv mein persönlicher Held der letzten Woche!

 

 

Da ihr sowieso bereits den Eindruck haben müsst, dass es sich bei dem Leben an Bord in der Freizeit viel um Essen und Treffen mit den verschiedensten spannenden Leuten dreht, lege ich noch eins drauf! Wir hatten ebenfalls ein Team von MAN an Bord letzte Woche (MAN ist ein grosser Unterstützer von Mercy Ships und sendet gelegentlich Mitarbeiter an Bord, damit sie direkt einen Eindruck vor Ort bekommen können von unserer Arbeit) und da gab es was? Richtig! (Kinder-) Schokolade, Haribos und andere Leckereien.

 

Wir sind wirklich sehr gesegnet hier in Guinea und es geht unserem Leib, Geist und Seele gut!
Unser einheimischer Obst- und Gemüselieferant hier fährt übrigens einen ausgesonderten LKW aus Deutschland (jetzt muss ich nur noch rausfinden, wo Broderstorf liegt), Grund genug für ein Foto!

Die Tage hier können sehr intensiv und lang werden, und das nicht nur für mich in meinem Job, aber auch für Ruben. Da er im Januar die Abteilung wechseln wird, um im HVAC Bereich zu arbeiten, hat er im Oktober angefangen, Rufdienste zu leisten. Letzten Freitag Nacht kamen in nur 1,5 Stunden ganze 5 Anrufe, denen unmittelbar nachgegangen werden musste (eine Kabine hatte kein Wasser, einige Kabinen hatten zuviel Wasser, nämlich im Badezimmer zentimeterhoch stehen und eine gemeinschaftliche Toilette war gänzlich verstopft – ich erspare euch die Details).

 

Von daher geniessen wir jeden Moment, den wir im Land verbringen können, um die Stadt zu erkunden, auf dem lokalen Textilmarkt Waren einzukaufen (man zahlt für 5m Stoff ca. 8 Euro und dann nochmal ca. 12-14 Euro an einen Schneider für ein Kleid und voila – schon ist man “korrekt” gekleidet für den nächsten Gottesdienstbesuch) oder eben für einige wenige Euros etwas ausserhalb essen zu gehen, um mal nicht von 300-620 Menschen umgeben zu sein.

Die Grundlage für unsere nächsten Outfits – interessanterweise kommen die meisten dieser Textilien (auch in Benin und Kamerun) aus den Niederlanden!
Ich denke, dies wird ein Kleid werden – ich halte euch auf dem Laufenden!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Strassenverkehr hier in Conakry ist sehr interessant und ich könnte Stunden damit verbringen, einfach nur fasziniert die Leute zu beobachten. Ums selber Fahren habe ich mich allerdings noch recht erfolgreich drücken können – und bin dankbar, dass Ruben so ein hervorragender Autofahrer ist.

Hier ein kurzes Video, um euch einen kleinen Endruck zu geben: Ganz normaler Freitag Abend Verkehr in Conakry

 

Ich hoffe, es geht euch gut und freue mich immer, von euch zu hören!
Nicht vergessen, falls ihr uns was aufs Schiff schicken wollt (Haribos oder so – *zwinker*) geht das ganz einfach über das holländische oder amerikanische Büro (siehe MAIL / POST)!

Bis dahin, alles Liebe und eine wunder-volle Vorweihnachtszeit für euch und eure Liebsten!

Eure Silke & Ruben